Was haben Lernen, Hausaufgaben und eine Zimmerdecke gemeinsam?
Kennst du das noch von deiner Schulzeit? Oder bist du gerade in einer Ausbildung und „musst“ immer wieder Hausaufgaben machen? Oder bist du im weiteren Kontext dabei dich weiter zu entwickeln? Ich selber bin in einem 3-jährigen Training und schreibe ein Handbuch von der Ausbildung als Projektarbeit. Ich finde es einerseits amüsant mich zu beobachten wie wieder die alten Muster hochkommen bei meinem jetzigen Entwicklungsprozess, anderseits ist es eine schwierige, mühsame, anstrengende Zeit. Gottseidank hilft es mir zu verstehen was gerade mit mir passiert und das möchte ich hier mit euch teilen.
Wenn wir etwas Neues lernen wirken zwei Kräfte auf uns ein: einerseits die Schwerkraft des Jetzt und anderseits die Energie der Zukunft.
Das möchte ich näher erklären. Wir wissen, dass wir Menschen als konditionierte Wesen mit verinnerlichten Gewohnheiten, mit angelernten gefilterten Wahrnehmungsweisen lieber in einer bekannten, sicheren Umgebung bleiben wollen. Also diese Konditionierungen sorgen dafür, dass ich teilweise die alten Lern-Erfahrungen der Kindheit jetzt nochmals wiederhole. Den Filter, den ich mir unbewusst angelegt habe, sorgt auch dafür, dass ich die aktuellen Erfahrungen wieder im gleichen Licht sehe und sogar re-kreiere.
Die Schwerkraft des Jetzt möchte das alles bleibt wie es ist. Das Bekannte, das Gewohnte gibt mir Sicherheit. Lieber bleibe ich mit einigen Unannehmlichkeiten im jetzigen Zustand als es zu wagen, mich weiter zu entwickeln zu etwas was ich noch nicht kenne. Weiß ich dann, ob ich nachher gut genug sein werde mit dem Wissen das ich gerade erwerbe? Könnte es sein, dass ich mich dann so stark verändere, dass „gefühlt“ meine jetzige Beziehung bedroht wird? Habe ich Angst, dass ich mich so weit entwickle, dass meine Mitmenschen nicht mehr zu mir passen? Habe ich Angst, dass wenn ich konsequent dieses neue Wissen anwende, ich ganz viel in meinem Leben ändern möchte? Meinen Job, meine Einstellung, …?
Ja, und da kommt die Zimmerdecke ins Spiel:
diese Filter und Prägungen der Vergangenheit sind wie eine Zimmerdecke. Ich kann nur das wahrnehmen was ich bis jetzt gelernt habe. Ich kann praktisch nicht oberhalb der Zimmerdecke schauen welche Möglichkeiten es noch gäbe.
Die Angst vor Veränderung, die Bedrohung, die Unsicherheit, sehe ich immer durch den Filter meiner Vergangenheit und nur bis zur Höhe meiner Zimmerdecke, meines Reifegrades.
Neues Wissen ist bedrohlich für das Jetzt…
…und doch die Zukunft ruft, die Aktualisierungstendenz in uns Menschen treibt uns an, dass ich mich fortwährend weiter entwickle. Ich will wirklich dazu lernen, ich spüre Neugierde, ich will tolle neue Methoden kennen lernen, ich will mich weiterbilden, ich möchte einen neuen Beruf dazu erlernen. Ich spüre sogar, dass meine Seele mich vorantreibt. Sie motiviert mich Herausforderungen auf mich zu nehmen, damit ich für das nächst größere in meinem Leben vorbereitet werde. Ich spüre mit dem Nachreifen meines Ichs, dass ich eine sinnvolle Entwicklung meiner Person vorantreiben möchte, dass ich mich noch mehr in den Dienst stellen möchte für etwas Größeres, für meine Kinder, für Mitmenschen, für die Kultur in der ich lebe. Und dieses Ziehen der Zukunft gibt mir immer wieder Kraft auch die Hausaufgaben zu bewältigen, die anfallen bei einer Ausbildung. Ja, es ist nicht so leicht neues Wissen zu erwerben, sich stundenlang hinzusetzen und den neuen Stoff zu verinnerlichen, sogar Fragen zu beantworten, Stoff zu wiederholen, damit er richtig sitzt, dann muss ich so richtig „hirnen“ und neue Gehirnbereiche aktivieren. Weil auf neurologischer Ebene wir nicht vergessen dürfen, dass Lernen wie ein Training für die Neuronen ist, die verpflichtet sind sich neu zu vernetzen. Ein Muskel braucht auch ein regelmäßiges
Training bis er zusätzliche Kraft aufgebaut hat. Genau so geht das in unserem Gehirn ab.
Und jetzt kommt wieder die Zimmerdecke.
Wenn ich mich diesen Kräften aussetze: die Schwerkraft der Vergangenheit und das Ziehen der Zukunft, dann ist es sicherlich leichter diesen Entwicklungsprozess mit jemanden zu machen dessen Zimmerdecke höher ist als meine. Diese Person kann von „Höher“ schauen, was es braucht für meine nächsten Schritte, für meine sinnvolle Evolution. Wenn ich nur bis zu meiner Zimmerdecke schaue, werde ich nur wiederholen, was ich bis jetzt kennen gelernt habe. Mit einem Lehrer oder einer Lehrerin an meiner Seite werde ich wirklich Neues lernen und meine Zukunft nachhaltig ändern.
Und was auch noch sehr unterstützend ist, dass ich mich während dieser anstrengenden Zeit des Wandels zusammen tue mit Gleichgesinnten, die in einem ähnlichen Prozess sind und die auch das gleiche Lernziel haben. So können wir einander Kraft und Verständnis geben. Ich denke da immer wieder an das Bild mit dem Feuer: wenn eine Holzkohle alleine liegt, erlöscht sie viel schneller als wie wenn mehrere Holzkohlen zusammen liegen.
Mögen wir einander unterstützen während wir Lernen, Hausaufgaben machen, damit wir gemeinsam unsere Zimmerdecke anheben. Und ganz nebenbei entsteht eine neue Kultur, eine neue Welt, die ein echtes Update ist, wo wir neue Antworten für die aktuellen komplexen Anforderungen erfinden.
Um mit diesem neu erworbenen Wissen praktisch umzusetzen, kannst du dir folgende Fragen stellen und neugierig – frei von Bewertung – erforschen:
Fragen:
- Wie leicht fällt es mir/ wie flexibel bin ich, neue Dinge aufzunehmen, zu lernen?
- Welches Verhaltensmuster fährt hoch, wenn ich einer Schwierigkeit begegne? Ziehe ich mich raus? Habe ich Selbstzweifel? Gehe ich in Rückzug?
- Wie/ Wo wurde ich in der Schulzeit eingeengt?
- Wie oft denke ich, dass es zu schwierig ist, was ich lernen muss?
- Warum zögere ich sehr lange bis ich mich bei einem Seminar anmelde?
- Lerne ich wirklich das was mich am brennendsten im Leben interessiert und motiviert? In welchem Bereich will ich wirklich tätig sein?
Namasté,
Emmy