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Der transpersonale Ansatz in der personenzentrierten Gesprächstherapie nach Carl Rogers

Was bedeutet Trans-Personal in der Psychologie?

Die transpersonale Psychologie ist eine Weiterführung der humanistischen Psychologie, zu deren Vertretern auch Carl Rogers mit seinem klientenzentrierten Ansatz zählt. In der humanistischen Psychologie wird der Mensch mit seinem ganzen Potential und seiner Tendenz der Selbst-Entfaltung in den Mittelpunkt gestellt. Vertreter der humanistischen Therapie, wie Rogers, sind tief davon überzeugt, dass die menschliche Existenz ganz auf die Selbstentfaltung eines jeden Einzelnen angelegt ist.

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In der transpersonalen Psychologie wird der humanistische Ansatz nun um philosophische und spirituelle Aspekte erweitert. Die Silbe „Trans“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: darüber hinaus. Insofern kann man das Wort Trans-Personal als „über das Personale (Ich) hinaus“ interpretieren. Doch was kommt nach dem Personalen? Hieran mag man schon erkennen, dass die transpersonale Psychologie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Sie unterscheidet eine personale wie transpersonale Ebene. Auf der transpersonalen Ebene bezieht sie eine spirituelle Sichtweise der Welt mit ein, ist gleichzeitig aber unabhängig von Religionen, weil es keine Wahrheiten gibt, an die man zu glauben hat. Sie integriert neben einer persönlichen (personalen) auch eine spirituelle (transpersonale) Ebene in das menschliche Bewusstsein.

Die Begründer der Transpersonalen Psychologie (wie Abraham Maslow, Stanislav Grof, Roberto Assagioli) gingen davon aus, dass in jedem menschlichen Individuum ein spirituelles Zentrum existiert. Dieses Zentrum wurde oft auch als „Höheres Selbst“ bezeichnet. In diesem „höherem Selbst“ wird der Verstand und das Denken überschritten oder transzendiert. Wichtig ist hierbei festzustellen, dass dabei der Verstand nicht negiert wird, sondern auf eine nächsthöhere Ebene (die Transpersonale) mitgenommen (integriert) wird. Durch diese Transzendenz gelangt man von dem Denken in die Sphäre des Nicht-Denkens, von der Identifikation mit etwas (dem Ich) zu einem Seins-Bewusstsein von „Ich bin“. Wer mit diesem Bewusstseinszustand in Berührung kommt, überschreitet jede Form der Getrenntheit oder Kategorisierung.

Das Transpersonale in der Gesprächstherapie

Carl Rogers, der Begründer des personenzentrierten Gesprächsansatzes, hat später öfters darauf hingewiesen, dass Präsenz, der Seins-Zustand des Transpersonalen, als tieferliegende Bedingung der drei Kernkompetenzen eines Therapeuten (Empathie, Akzeptanz und Authentizität), das  wichtigste Element in einer erfolgreichen Therapie ist. In späteren Jahren begann Rogers über eine zusätzliche Charaktereigenschaft des Therapeuten nachzudenken, die im spirituellen – oder eben transpersonalen – Bereich angesiedelt ist. In einem Interview kurz vor seinem Tod deutete Rogers die essentielle Natur von Präsenz an: „Ich bin geneigt zu denken, dass ich in meinen Notizen zu sehr die Basis-Variablen betont habe: Kongruenz, bedingungslose und positive Wertschätzung und empathisches Verständnis. Vielleicht ist es etwas das über diese Bedingungen hinaus geht das das Allerwichtigste Element in der Therapie ist – also wenn mein Selbst sehr klar und deutlich präsent ist.“

Therapeutische Präsenz

Ein Therapeut, der die transpersonale Sicht mit einbezieht, hat diese klare Präsenz, das Jetzt, als feste Ressource zwischen ihm und den Klienten verankert. Aus dieser therapeutischen Präsenz heraus kann ein „Feld“ der Bewusstheit und Gegenwärtigkeit im Raum mit dem Klienten entstehen. Rogers war davon überzeugt, dass aus diesem „heiligem Feld“ heraus ein tiefgreifender Heilungsprozess angestossen werden kann.

Rogers meinte, um empathisch, authentisch und bedingungslos wertschätzend gegenüber dem Klienten zu sein (die drei Kernkompetenzen einer gelingenden Gesprächstherapie), brauche es eine vierte Kompetenz seitens des Therapeuten, nämlich einen Zustand von Präsenz, Offenheit und Empfänglichkeit – sowohl für die inneren, spirituellen Erfahrungen des Klienten als auch für die eigenen.

Im weiteren Kontext bedeutet therapeutische Präsenz, dass der Klient sein ganzes Selbst in den Therapieprozess einbringen kann: physisch, emotional, kognitiv und spirituell. Außerdem sollte der Klient sich durch diese Präsenz geerdet fühlen, in sich eine Basis finden, während er gleichzeitig offen ist für das, was sich von Moment zu Moment zeigen möchte (insbesondere, wenn es um sehr bewegende Momente geht). Aus dieser geerdeten und expandierenden Präsenz heraus, entsteht ein tiefes Vertrauen und Fundament in ein verborgenes Feld („Höheres Selbst“), in das sich der Therapeut mit dem Klienten begeben kann und aus dem Heilung entstehen kann. Der Klient lernt  traumatische Erlebnisse auf einer tieferen Ebene zu verstehen und zu integrieren.

Transpersonale Erfahrungen im Alltäglichen

Transpersonale Präsenz definiert sich als eine tiefe Erfahrung des bewussten Lebens im gegenwärtigen Augenblick. Die Betonung liegt auf dem „Sein“, im Gegensatz zum alltäglichen Tun, das in unser Erleben hineinfließt, wenn wir unsere Aufmerksamkeit ganz auf den Moment richten. Es muss nichts getan werden, alles ist okay, so wie es sich gerade im Moment zeigt. Präsenz zu üben, hilft uns das Gefühl von Getrennt sein aufzulösen, und letztlich zu erfahren, wer wir wirklich sind – eines der Ziele jedes transpersonalen Ansatzes in der Arbeit mit einem Klienten.

Achtsamkeits-Übungen und Meditationen helfen uns dabei, persönliche (personale) Grenzen zu überschreiten und mehr in den Moment, in die Präsenz, zu gelangen. Weitere Übungen, um transpersonale Bewusstseinszustände herbeizuführen, sind das holotrope Atmen nach Stanislav Grof oder die Transparente Kommunikation nach Thomas Hübl. Wir können transpersonale Erfahrungen aber auch im ganz Kleinen und Alltäglichen erleben. In der Vergangenheit war dies meist nur den Mystikern vorbehalten. Aber jeder von uns hatte schon mal Erfahrungen, die über Denken, Zeit und Raum hinausgingen, wo sich all dies aufzulösen schien. Und wenn es nur für ein paar Sekunden war. Erinnern Sie sich? Ereignisse, die unvergesslich wurden, unter die Haut gingen, denen wir mit Tränen in den Augen begegneten: ein atemberaubender Sonnenauf- oder Untergang, die ersten Sekunden nach der Geburt, wenn die Mutter ihr Neugeborenes auf den Armen hält, die Liebe in den Augen eines Menschen.

Jede Erfahrung, die von Schönheit und Erhabenheit durchdrungen ist, bei dem unser alltägliches Denken ausgeschaltet ist, kann man als eine transpersonale Erfahrung bezeichnen. Solche Erfahrungen kann man nicht herstellen. Sie geschehen einfach. Im Hier und Jetzt. Sobald wir danach greifen wollen, verschwinden sie, sind wir wieder in unserem Alltagsbewusstsein.

Sobald wir unser Bewusstsein erweitern, uns dem „Höheren Selbst“ anvertrauen, kann echte Begegnung stattfinden, von einer menschlichen Essenz zur anderen – egal ob im therapeutischen Kontext oder im Alltäglichen. Es ist dieser Beziehungsraum, der die Brücke zwischen den Welten darstellt. Wir sind  dann ein vibrierendes Bewusstsein, welches von reiner Liebe durchdrungen ist.

 

Hier geht es zu unserer Ausbildung: Personzentrierte Gesprächstherapie aus transpersonaler Sicht

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